Lesung Polnische Perlen

 

Lesung „Polnische Perlen“
20.11.2015, 20:00 Uhr, Haus der Kulturen, Braunschweig, Am Nordbahnhof 1
9. Braunschweiger GRAMSCI TAGE

Die Lesung „Polnische Perlen“ erzählt den Alltag und das Schicksal von osteuropäischen Pflegerinnen, die ihre Heimat und ihre Familien verlassen, um in Deutschland Geld zu verdienen. Wir erfahren von Beklemmungen, die in der 24-Stunden-Pflege in einem fremden Haushalt entstehen, wo es häufig keinen Computer oder Internet gibt, um mit den Kindern zu chatten oder zu skypen, wo man in kleinen Zimmern ohne Fernsehen und Radio lebt, wo man putzt, wäscht, pflegt, medikamentiert, verbindet und windelt, kurz: wo man alle Pflichten hat, aber kaum Rechte.
In Interviews wurden 13 Frauen und zwei Männer danach befragt, wieviel Zuneigung man braucht, um diese Arbeit zu tun, wie hoch der Verdienst ist, was das Schwierigste an der Arbeit ist und ganz generell: wie es ist, in Braunschweig zu leben. Die meisten Interviewten kommen aus Polen, aber es sind auch Rumänen und Slowaken darunter.
Bis vor einigen Jahren verließen fast nur Männer Heimat und Familie, um im Ausland Geld zu verdienen, im Straßenbau, in der Schwerindustrie oder auf dem Feld. In der New Economy hat sich das Bild verkehrt, scharenweise Frauen strömen auf den globalen Arbeitsmarkt, um in der Betreuungsindustrie zu arbeiten. Fürsorge und Liebe gelten als weibliche Domäne, und dafür bezahlen die Menschen in den Industriestaaten. Durch die demographische Entwicklung entsteht ein neuer Bedarf an Betreuungspersonal: Immer mehr Pflegerinnen reisen aus Osteuropa nach Deutschland, um hier alte Menschen zu betreuen, häufig in einem 24 Stunden Service, 7 Tage die Woche. Ein ausbeuterisches, aber geduldetes Arbeitsverhältnis, das aus einer gegenseitigen Not entsteht: dem geringen und schlechtbezahlten Arbeitsangebot im europäischen Osten und dem Mangel an einer bezahlbaren häuslichen Pflege in Deutschland, die einhergeht mit dem Wunsch, die Familienangehörigen nicht zu belasten. Und wer von uns möchte nicht in den eigenen vier Wänden alt werden?

Aus der Inszenierung „Polnische Perlen“ (werkgruppe2/ Staatstheater Braunschweig 2014) entnehmen Fanny Staffa und David Kosel Texte und Situationen, fügen eigen gewählte Musik hinzu und geben den osteuropäischen Pflegerinnen erneut einen Raum für ihre berührenden Geschichten.

Eintritt ohne Gramsci Tage: 6 €

(PDF-Datei zum Bewerben der Veranstaltung)