Populismus: etymologisch aus dem lateinischen populus, ‚Volk’, aber auch ‚Pöbel’ (aus dem französischen peuple), bezeichnet ein weit gefächertes Repertoire politischer Praxen, die an der Kluft zwischen ‚Volk’ und ‚Herrschaftseliten’ ansetzen, um gesellschaftliche Veränderungen zu bewirken. Populismus bezeichnet eine Strategie des Machterwerbs „ohne gesellschaftstheoretisches Substrat“ (Karin Priester). In einer an Gramsci anknüpfenden anti-ökonomistischen Strömung des Marxismus werden linkspopulistische Strategien zur Bedingung von „Volksrevolutionen“. Sie gründen weniger auf dem Klassenantagonismus zwischen Arbeit und Kapital, sondern auf dem Gegensatz „Volk/Machtblock“. Ernesto Laclau gilt als Begründer einer „popular-hegemonischen Neurorientierung“ der Linken.
Antonio Gramsci wurde 1891 in Ales auf Sardinien, Italien, geboren. Als Journalist begleitete und analysierte er die Turiner Fabrikrätebewegung. 1921 wurde er Mitbegründer der Kommunistischen Partei Italiens. Bis zu seiner Inhaftierung durch die Faschisten 1926 war er Abgeordneter des italienischen Parlaments. Im Gefängnis verfasste er Studien zu einer marxistischen „Philosophie der Praxis“. Darin verknüpfte er eine schonungslose Analyse der Stabilität bürgerlicher Herrschaft und der Niederlage der Fabrikräte mit Fragen einer strategischen Erneuerung der Arbeiterbewegung. Sie gelten bis heute als wegweisend für jede praxisorientierte Kapitalismuskritik. Gramsci starb am 27. April 1937 an den Folgen seiner Inhaftierung.
Die Braunschweiger Gramsci Tage finden seit 2007 jährlich statt. Sie verknüpfen aktuelle politökonomische Diskussionen mit der Vermittlung von theoriegeleiteten Fertigkeiten zur dialektischen Analyse kapitalistischer Zusammenhänge, die Marx als historisch geworden und vorübergehend analysiert. Der Nachweis der »Vergänglichkeit aller Dinge«, so Bertolt Brecht, ist nicht »umstürzend«. Die »Große Methode«, mit der Brecht die marxsche Kritik der politischen Ökonomie benannte, verlangt, »dass man davon spricht, wie gewisse Dinge zum Vergehen gebracht werden können«. In der Tradition von Gramscis Philosophie der Praxis wollen die Braunschweiger Gramsci Tage einen Raum bieten, in dem die Aneignung von Wissen sich mit der lebendigen Debatte über theoretische und praktische Probleme der Emanzipation von Herrschaft und Unterwerfung paart.