15. Braunschweiger Gramsci Tage 2022
Der Kampf um die Hegemonie – Medienmacht und Öffentlichkeit im digitalen Kapitalismus
Ort: Gewerkschaftshaus Braunschweig
Wilhelmstr. 5, 38100 Braunschweig
Zeit: Freitag, den 22. April 2022, ab 17h
und Samstag, den 23. April 2022 | 9.30h – 17h
Vorab: Mittwoch, 20.April.22, 19.00 Uhr, Film von Jean Boué über den Wandel im Lokaljournalismus: „Die letzten Reporter“,
Universum Filmtheater, Neue Str. 8
Teilnahmebeitrag: 10 Euro, ermäßigt 5 Euro
Ticket Universum: 8,50 Euro, ermäßigt 7,50 Euro
Anmeldung erbeten unter gramsci-tage@biap-
Link auf das Programm
Link auf die Referentinnen und Referenten
Plakat zum Ausdrucken als PDF,
Programm zum Ausdrucken als PDF
Seit dem Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine herrschen bei vielen Menschen Erschrecken, Betroffenheit und Unverständnis. In den veröffentlichten Meinungen überwiegen eindeutige Erklärungen und Schlussfolgerungen. Wer neben der einhelligen Verurteilung von Krieg und Gewalt auf historische und geopolitische Zusammenhänge hinzuweisen versucht, gerade jetzt für Abrüstung, Entmilitarisierung und internationale Sicherheitsgarantien für alle Länder in Europa eintritt, erlebt allzu oft als Traumtänzer oder Verharmloser diffamiert zu werden. Dabei wäre grad jetzt so wichtig:
„Man muss nüchterne, geduldige Menschen schaffen, die nicht verzweifeln angesichts der schlimmsten Schrecken und sich nicht an jeder Dummheit begeistern. Pessimismus des Verstandes, Optimismus des Willens.“ so Antonio Gramsci, (Gefängnishefte, H. 28, § 11, 2232)
Und gerade jetzt, angesichts der verschiedenen dramatischen Krisen und weltweiten Herausforderungen, wären Medien so bedeutsam, die Nachrichten kritisch hinterfragen, sorgfältig und umfassend recherchieren und offene Diskurse in der Gesellschaft ermöglichen und befördern.
Geschieht das in Deutschland in ausreichendem Maße? Viel ist zu hören und zu lesen von offener Repression gegen die Freiheit von Medien und Meinungen in anderen Ländern, aber welche Rolle spielen hier in Deutschland die Produktionsbedingungen in den Medien und daraus resultierende Arbeitsbedingungen der MedienarbeiterInnen? Nicht nur die sog. Sozialen Netzwerke, auch das deutsche Pressewesen und ein Großteil der Rundfunk- und Fernsehprogramme werden beherrscht von profitorientierten Medienkonzernen. Gewähren diese privatkapitalistischen Verhältnisse seriöse Information und Vielfalt der Meinungen in ausreichendem Maße?
Karl Marx sah das ganz anders: „Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein.“ (Debatten über Preßfreiheit…, Rheinische Zeitung 19.5.1842)
Gramsci hatte in seinen historischen Analysen herausgearbeitet, wie bedeutsam im Kampf der Klassen die Erringung der Hegemonie ist. Welche Rollen spielen Bildung und Kultur, der von ihm sog. Alltagsverstand und die Intellektuellen? All das steht heute wohl mehr denn je in engem und abhängigem Verhältnis zu Medienproduktion und –rezeption. Gesellschaftliche Öffentlichkeit erlebt einen erneut beschleunigten und dramatischen Strukturwandel – vor allem geprägt durch digitale Entwicklungen.
Vor fast 60 Jahren hatte Jürgen Habermas den Begriff des „Strukturwandels der Öffentlichkeit“ geprägt – in 2021 stellt er besorgt fest: „Der Aufstieg der neuen Medien vollzieht sich im Schatten der kommerziellen Verwertung der einstweilen kaum regulierten Netzkommunikation. Diese droht einerseits den traditionellen Zeitungsverlagen und den Journalisten als der zuständigen Berufsgruppe die wirtschaftliche Basis zu entziehen, andererseits scheint sich bei den exklusiven Nutzern sozialer Medien eine Weise der halböffentlichen, fragmentierten und in sich kreisenden Kommunikation zu verbreiten, die deren Wahrnehmung von politischer Öffentlichkeit deformiert.“ (Leviathan 49, Sonderband 37/2021, S.471)
Was aber ist aus kritischer und aufklärerischer, gewerkschaftlicher und antikapitalistischer Sicht dagegen zu tun? Was für Medien brauchen wir? Was ist unterstützenswert und auszubauen?
Die 15. Braunschweig Gramsci-Tage rücken diese Fragen in den Mittelpunkt, bieten Vorträge, Workshops und Diskussionen zu vielfältigen Aspekten des Themas mit Sabine Kebir, Sebastian Sevignani, Mandy Tröger, Gert Hautsch, Orhan Sat, Emily Laquer und anderen.
Die 15. Braunschweig Gramsci-Tage rücken deshalb diese Fragen in den Mittelpunkt, bieten Vorträge, Workshops und Diskussionen zu vielfältigen Aspekten des Themas und laden ein zu fundierter, offener und solidarischer Auseinandersetzung. Umrandet von den wunderbaren musikalischen Akzenten und einem Konzert am Freitagabend mit Isabell Neuenfeldt (Akkordeon).
Die Veranstaltung findet unter den gültigen Hygienevorschriften statt.
Die 15. Braunschweiger Gramsci-Tage erfolgen in Kooperation der Braunschweiger Initiative für eine andere Politik, der Rosa-Luxemburg-Stiftung Niedersachsen e.V., dem Deutschen Gewerkschaftsbund Region SüdOstNiedersachsen und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft – Bezirksverband Braunschweig.