Samstag, 26.10.2025, Braunschweig, Haus der Kulturen
Nicole Mayer-Ahuja geht in ihrem Vortrag dem Zusammenhang von drei differierenden Diskussionslinien nach
- Revolutionäre Realpolitik (Rosa Luxemburg),
- Sozial-ökologische Transformation und
- Solidarische Politik der Arbeit,
um hieraus das Fazit zu ziehen:
Wie müsste eine revolutionäre Realpolitik von Gewerkschaften aussehen?
Unter revolutionärer Realpolitik versteht sie
- den Kampf um Lohn und Arbeitsbedingungen
- den Kampf um Macht im Staat (politische Demokratie) und Wirtschaft (Eigentumsstrukturen)
- den Kampf gegen kulturelle Hegemonie (Gramsci), das Hinterfragen ideologischer Herrschaft
- die Konfrontation des Kapitalismus mit der Unruhe durch Solidarisierung
Die „ökologische Transformation“ wird heute allgemein als Sachzwang, als eine notwendige Antwort auf den Klimawandel und die ökologische Krise behandelt. Der „Grüne Kapitalismus“ ist aber ein Herrschaftsprojekt, das nicht mit der Logik des Systems, d.h. insbes. mit dem Wachstumsimperativ und den Eigentumsverhältnissen, bricht. Aus linker Perspektive wird die ökologische Transformation durch die „soziale Transformation“ ergänzt, also durch den Versuch, die sozialen Folgen dieser Transformation abzufedern.
Weder in der großen Transformationskrise der 1980er Jahre noch in der aktuellen Transformationskrise haben die Gewerkschaften das Potential einer revolutionären Realpolitik entfalten können.
Nicole Mayer Ahuja plädiert dafür, der Transformation als Herrschaftsprojekt eine „Transformation von unten“ entgegenzusetzen. Die sozial-ökologische Transformation ist eine Klassenfrage. Das bedeutet: Namen nennen (wer profitiert?); Demokratie in der Wirtschaft stärken (wer entscheidet?); Politik machen auf der Basis von Interessen(gegensätzen). Revolutionäre Realpolitik heißt hiernach: die Grenzen des „Wir“ erweitern – in Abgrenzung zum interessenpolitischen Gegner.
Ansatzpunkte für eine widerständige Solidarisierung finden sich
- im Arbeitsprozess, indem sie die Expertise der Arbeitenden für eine „Transformation von unten“ mobilisiert
- in der Beschäftigung, indem sie an der verallgemeinerten Verunsicherung ansetzt und für ein neues „Normalarbeitsverhältnis“ eintritt
- in der Performanz, indem sie die Arbeitenden als gewerkschaftliche Machtressource mobilisiert
- als Utopie, indem sie Vorstellungen von „guter Arbeit“ formuliert, die sozial und ökologisch gerecht ist
„Transformation von unten“ ist ein Projekt der Solidarisierung und Demokratisierung.
Eine revolutionäre Realpolitik von Gewerkschaften muss den Kampf um die Köpfe aufnehmen. Sie braucht politisches Profil, weil die sozial-ökologische Transformation eben kein Sachzwang ist, sondern ein politisches Projekt.
(Dokumentation: Norbert Kueß)
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Nicole Mayer-Ahuja: Mit „revolutionärer Realpolitik“ zur sozial-ökologischen Transformation? – Ansatzpunkte für eine solidarische Politik der Arbeit (Vortragsdokumentation)
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