Freitag, 25.10.2025, Braunschweig, Haus der Kulturen
Fiona Kalkstein erläutert aus sozialpsychologischer Sicht, wie es zur Herausbildung des autoritären Syndroms kommt, d.h. die Dynamiken, die Individuen zu „Autoritären“ werden lassen. Maßgeblich für eine solche Disposition sind die Erfahrungen mit Autorität, die bereits in der Kindheit gemacht werden. Autoritarismus ist also ansozialisiert.
Während der eine der beiden zu unterscheidenden Phänotypen (der sodomasochistische Typ) u.a. durch einen starken Wunsch nach Unterordnung unter einen Führer, Identifikation mit der Macht sowie Überbetonung sozialer Normen gekennzeichnet ist, und seine Aggression gegen vermeintlich Schwächere auslebt, hat der zweite Typus (der projektive Typ) eine starke Neigung zur Verlagerung seiner inneren Zustände nach außen und neigt darüber hinaus zu Okkultismus, Verschwörungsglauben etc.
Der Autoritarismus hat eine „natürliche“ Nähe zu Angeboten rechtsextremer Ideologie, Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Antifeminismus. Die rechtsextreme Ideologie ist besonders gut in der Lage, die Bedürfnisse von „Autoritären“ zu befriedigen.
Die gegenwärtige Vielfachkrise erzeugt darüber hinaus ein Bedrohungserleben, das die Fähigkeit der Subjekte zu flexibler Reaktion vermindert und autoritäre Reaktionen als Formen der Bewältigung von Angst, Bedrohung und Ohnmacht fördert.
Die 2022er Autoritarismus-Studie des EFBI zeigt, dass in den vergangenen 20 Jahren zwar der Anteil von Personen mit einem geschlossenen rechtsextremen Weltbild abgenommen hat. Allerdings steigen einzelne Phänomene der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit gegenüber 2020 signifikant an. Es liegt daher nahe, eine Verschiebung autoritärer Aggressionen zu vermuten.
(Dokumentation: Norbert Kueß)
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Fiona Kalkstein: Autoritäre Dynamiken in unsicheren Zeiten. Erkenntnisse aus der 11. Leipziger Autoritarismus Studie (Vortragsdokumentation)
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Lektürehinweise
Decker, O./ Kiess, J./ Heller, A./ Prahler, E. (Hg.): Autoritäre Dynamiken in unsicheren Zeiten. Neue Herausforderungen – alte Reaktionen? Leipziger Autoritarismusstudie 2022.
Gießen 2022 (Online abrufbar)
Dies. (Hg.): Vereint im Ressentiment. Autoritäre Dynamiken und rechtsextreme Einstellungen. Leipziger Autoritarismusstudie 2024.
Gießen 2024 (Online abrufbar)
Decker, O./ Kalkstein, F./ Kiess, J./ Kochba, P. (Hg.): Demokratie in Sachsen. Jahrbuch des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts für 2023.
(Online-Ressource)
Vorwort von Fiona Kalkstein
in: Parker, Ian/ Pavón-Cuéllar, David: Psychoanalyse und Revolution.